„Der beste Gin der Welt“, „einer der besten Gins“ – alles Überschriften, die uns in den letzten Wochen vermehrt begegnet sind. Und alle beziehen sich auf den Aldi Gin aus UK. Der Hintergrund: beim International Wine & Spirits Competition (IWSC) holt der Oliver Cromwell London Dry Gin eine Gold-Medallie. Höchste Zeit einmal einen Blick hinter die Kulissen des Wettbewerbs zu werfen: Ist der Gin von Aldi wirklich der beste Gin der Welt?
International Wine & Spirits Competition (IWSC)
Der IWSC zählt zu den größten und renommiertesten Spirituosenwettbewerben der Welt. Jährlich finden Blindverkostungen verschiedener Spirituosen in insgesamt 36 unterschiedlichen Kategorien statt. Mit dabei sind Absinthe, Soju, Pisco, Mezcal, Wodka und eben Gin. Mit insgesamt 6 Unterkategorien:
- London Dry (= die klassische Gin Sorte),
- Dutch (Genever),
- „Contemporary Gin“ (New Western Dry, schmeckt nicht unbedingt nach Gin),
- Flavoured (Gin, der nicht nach Gin schmecken soll),
- Wood finished (Gin der im Fass gelagert wurde),
- Old Tom (klassische Gin Kategorie, der Gin wird nachgezuckert)
Die 6 Kategorien orientieren sich an den unterschiedlichen Gin-Sorten. Die haben wir hier zusammengefasst.
Der Wettbewerb findet mit zahlreichen Experten aus der Industry statt. Diese probieren die jeweiligen Produkte in der Blindverkostung. Marke und Verpackung spielen also erst einmal keine Rolle. Ein Experte probiert an einem Tag bis zu 60 unterschiedliche Spirituosen in unterschiedlichen „Flights“. Flights sind eine Sammlung verschiedener Proben, die inhaltlich zusammen passen. Gin wird nach Alkoholstärke aufgeteilt, verkostet und auch bewertet.
Die Kategorie: Gin 37 – 38 Vol%.
Der Oliver Cromwell Gin von Aldi aus UK tritt in der Kategorie 37-38 Vol% an. Eine ungewöhnliche Gin-Kategorie, muss man zugeben. Üblich bei einem Gin sind 43% – 47% Vol.. Experten argumentieren diesen Alkoholgehalt damit, dass die Aromen bei diesem Alkoholgehalt ihren Geschmack am besten entfalten. Die EU gibt 37,5% Vol. als Mindestalkoholgehalt für Gin an. Man merkt schon: 37,5 % Vol. sind unüblich. Die Konkurrenz ist gering. Damit man es einschätzen kann: auch Gordon’s macht einen Gin mit dieser Stärke, auch zu nennen ist der Beefeater Wet. Hier tummeln sich vor allem Gins, die über den Preis verkauft werden sollen. Weniger Alkohol, weniger Alkoholsteuer.
Der Aldi Gin aus UK – Oliver Cromwell London Dry Gin
Trotzdem wird der Oliver Cromwell Gin bei der Blindverkostung mit über 90 Punkten ausgezeichnet und erhält so eine Gold-Medallie. Fun Fact: es gibt noch eine Kategorie über Gold (Gold outstanding). Nicht desto trotz ist das Urteil der Tester klar, man muss es nur sehr genau lesen: „In der Kategorie Gin von 37% – 38% Vol. zeichnen wir diesen Gin mit Gold, also als sehr gutes Produkt, im Vergleich zum Standard in dieser Kategorie, aus“.
Das liest sich jetzt nicht unbedingt nach dem besten Gin der Welt. Auch wenn es Gins gibt, die vergleichbare Punktzahlen erreichen. Immer im Vergleich zur Kategorie und dem Alkoholgehalt. Und trozdem erhält man für umgerechnet 11€/ Flasche einen prämierten Gin. Eine interessante Geschmacksreise, erst recht im Pur-Genuss muss man dadurch aber nicht unbedingt erwarten.
Die Gewinner
So viel Aufmerksamkeit „außerhalb der Szene“ hat der Wettbewerb wohl kaum erlebt. Und trotzdem haben es die Gewinner leider nicht geschafft ihre Geschichten genauso reichweitenstark zu erzählen. Deshalb wollen wir das für den Wettbewerb 2017 nachholen. Es gibt im Wettbewerb auch sogenannte Trophys. Gins, für die auch ein „Gold outstanding“ nach Meinung der Jury nicht ausreicht. Diese kann man sehr gut als Gewinner bezeichnen. Aber immer dran denken: man muss seinen Gin zu einem Wettbewerb einreichen (und bezahlen), deshalb treten auch diese Gins nicht gegen „alle Gins der Welt“ an:
Bathtub Gin – Navy Strength
Herkunft: England
Kategorie: Contempory Gin
Alkoholgehalt: 57 % Vol.
Swedish Rose Gin – Hernö
Herkunft: Schweden
Kategorie: London Dry Gin
Alkoholgehalt: 46,2 % Vol.