Der junge Matjes, den die Niederländer liebevoll „Hollandse Nieuwe“ nennen, ist mehr als nur ein delikater Fisch. Er verfügt mittlerweile über einen Kultstatus im Land der Tulpen und Grachten. Doch was wäre diese Delikatesse ohne den Genever? Zweifellos unvollkommen. Und darum waren die Holländer ziemlich ungehalten, als ihre Nachbarn ein Genevermuseum im belgischen Hasselt eröffneten. Was zur Folge hatte, dass sie flugs vor den Toren Rotterdams ebenfalls ein derartiges Museum eröffneten. Genauer gesagt in Schiedam, das von sich behauptet, die Welthauptstadt des Genever zu sein. Was aber macht Genever zum Objekt länderübergreifender Begehrlichkeiten?
Am Anfang stand eine Medizin für die Ärmsten
Vom Genever muss man wissen, dass dieses hochprozentige Getränk auf eine erstaunliche Historie zurückblickt. Bereits im frühen 11. Jahrhundert sollen es holländische Mönche gewesen sein, die einen wohl recht sauren Wein mit den Beeren des Wacholders versetzten, um daraus ein Tonikum zu erstellen, dem heilende Wirkungen nachgesagt wurde.
Aber erst im 16. Jahrhundert erinnerte sich ein Mediziner namens Sylvius de la Boe an der angesehenen Universität in Leiden dieser von den Mönchen überlieferten Rezeptur. Ursprünglich war er auf der Suche nach einer Arznei gegen Magen- und Nierenleiden als Medizin für die ärmsten seiner holländischen Landsleute. Er ahnte sicherlich nicht, dass ihm damit die Idee für einen mit Wacholder versetzten Schnaps kam, der bis in die heutige Zeit zu einer Erfolgsstory wurde – hier teilen sich Gin und Genever als noch eine Geschichte miteinander.
Der komplizierte Weg des Genevers zur Reife
Kein Geringerer als Kurt Tucholsky widmete sich diesem Destilat und befand, der Genever sei ein „Stiefzwilling des Gin“. Manche Kenner der Materie sind allerdings der Ansicht, der Genever sei eher die Mutter des Gin. Was wohl der Realität sehr nahe kommt, denn die ursprüngliche Form dieses Getränks stammt eindeutig aus Holland und wird aus destilliertem Getreide hergestellt.
Die Würze erhält der Gin durch Früchte, Kräuter und vor allem durch Wacholder. Er muss mindestens einen Alkoholgehalt von 37,5 Prozent aufweisen – so sagen es die Gesetzeshüter der Europäischen Union. Die Herstellung von Genever ist ein wenig komplizierter, denn das Nationalgetränk der Holländer wird auf der Basis einer dem Bier nicht unähnlichen Maische aus Getreide destilliert und im Laufe des Prozesses um Wacholder, Ingwer, Koriander und vor allem Hopfen bereichert. Quasi eine Mischung aus destilliertem Bier und Gin, wenn man das einmal so vereinfacht sagen darf.
Genever-Sorten im Überblick
Der Genever hat viele „Kinder“. Die unterschiedlichen Genever-Sorten unterscheiden sich je nach Anteil Malt-Wine, dem Zuckergehalt und der Dauer der Lagerung. Die folgenden Sorten findet man derzeit auf dem Markt:
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Jonge Genever | Maximal 15% malt wine, höchstens 10g Zucker/ Liter |
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Moutwjin Genever | Steht für einen sehr hohen Anteil an malt wine (von über 50%). |
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Korenwjin, Corenwyn | Besteht aus mindestens 51% malt wine. Dazu kommt ein neutraler Alkohol mit Wacholder und min. 20g Zucker/Liter. Muss nicht gelagert werden, kann aber. |
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Oude Genever | Mindestens 15% malt wine, 20gZucker/ Liter. Muss nicht gelagert werden, kann aber. |
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Zeer Oude Genever | Mindestens 19% malt wine und 6g Zucker/ Liter |
Darüber hinaus gibt es noch viele Bezeichnungen, die vor allem im Marketing der Hersteller verwendet werden. Beispielsweise der Aged Genever. Die Vorschriftensind die gleichen dem Oude Genever, er muss mindestens für 1 Jahr gelagert werden in Fässern (oft Eichenfässer) mit einem Fassungsvermögen von maximal 700 Liter. Es ist aber abhängig vom Hersteller, wie lange dieser das Produkt tatsächlich reifen lässt.
Der Unterschied zwischen Genever und Gin
Der Genever ist also gewissenmaßen der Ursprung des Gins – und man kann sagen, dass der Genever sogar einen gewissen Anteil an Gin enthält. Allerdings ist es der zusätzliche „malt wine“ im Genever, der den Unterschied zwischen Gin und Genever ausmacht. Das merkt man natürlich auch geschmacklich: der Genever ist im Aroma oft voller, hat eine weichere Viskosität auf der Zunge und unterscheidet sich auch farblich vom Gin. Der zugesetzte „Malt Wine“ bringt zusätzliche die Aromen von Getreide im Abgang mit.