Mit den unterschiedlichen Ginsorten haben wir uns hier im Blog schon in aller Ausführlichkeit beschäftigt. Da gibt es den London Dry Gin, der nicht aus London stammen muss, oder auch den Dry Gin, der mittlerweile nur noch selten wirklich trocken schmeckt. Die Kategorien beschrieben die Herstellungsweise des Gins und geben leider nur noch wenig geschmackliche Orientierung.
1.000 Gin Sorten & Kategorien
Neben den diversen Sorten und Kategorien hat es dann diverse Wortneuschöpfungen, die die Labels der Gin-Flaschen prägen. Wie wäre es zum Beispiel mit einem „Premium Gin“, einem „Craft Gin“ oder einem Small Batch Gin? Eine kritische Auseinandersetzung damit, wie viel „Craft“ in vielen Gins noch drin steckt lässt sich sehr gut bei den englischen Freuden Gin Foundry nachlesen. Doch auch bei allem Manufakturgedanken und Gin in kleinen Chargen, so sollte man auch den Begriff der „Pouring Gins“ kennen.
Was sind Pouring Gins?
Vorneweg: Erspart bleibt uns eine neue Gin Kategorie. Als „Pouring“ bezeichnet man in der Bar das Ausgießen der Spirituose. Beim „Pouring Gin“ handelt es sich um den Haus-Gin der standardmäßig ausgegossen wird . Vereinfacht gesagt, der Standard-Gin in der Bar der zum Mixen von Cocktails oder im Gin & Tonic. Welcher Gin dafür in der Regel verwendet wird, das entscheidet jede Bar für sich. Auffällig oft fallen in dieser Kategorie aber die großen Namen wie Tanqueray, Beefeater und Bombay Sapphire. Doch warum entscheiden sich diverse Bars dafür? Und sind diese Gins besser als ihr Ruf bei diversen Gin-Kennern?
Das Spiel der großen Ginlabels?
Doch warum werden bei allem Gin Hype hier vor allem die großen Marken bevorzugt? Meint man es böse mit dem Barkeeper, so ist spielt der Preis eine wesentliche Rolle. In der Kostenkalkulation für einen beliebten Gin Cocktail macht es einen deutlichen Unterschied, ob man einen Tanqueray London Dry Gin oder den Monkey 47 wählt. Auch bei vielen, die Gin & Tonic geschmacklich sezieren und verschiedene Nuancen im Gin ertasten können – das Groß der Zielgruppe kennt nicht mal den Unterschied. Und ist folglich auch nicht bereit für alle Gin Cocktails 12 €+ zu zahlen.
Zum anderen gibt es aber auch eine gewisse Erwartungshaltung, wie ein Gin Cocktail zu schmecken hat. Gerade im Unterschied zum Wodka bringt der Gin eine Grundierung und Tiefe in den Cocktail. Diese rührt oft aus einer prägenden Wacholdernote. Und genau auf dieser Note basiert die Grundidee vieler klassischer Gin Cocktails. Nehmen wir ein modernes Beispiel: ich wähle in der Bar einen Gin Basil Smash, weil er eine tolle Basilikumnote mitbringt. Als Grundlage in einer „einfacher“, klassischer Gin eine sehr gute Wahl – mein Pouring Gin. Stellt man sich den Cocktail im Vergleich dazu mit einem Monkey47 oder einem Reserve Gin vor, dann kann das völlig abgefahren sein, entspricht aber nicht den Erwartungen des Gastes.
Eine weitere, rein praktische Sicht: die großen Gin Marken sind beim Großhändler sehr einfach zu bekommen. Kleinere und neuere Marken müssen erst einmal dafür kämpfen überhaupt geführt zu werden. Darüber hinaus geht den großen Marken der Gin auch nicht so schnell aus und ich kann die Verfügbarkeit / einen gleichbleibenden Geschmack für den Gast mit einem Pouring Gin besser gewährleisten.
Macht der Gin in Cocktails den Unterschied?
Ein Argument, das oben schon anklang: der Unterschied zwischen verschiedenen Gins ist oft nur schwer auszumachen. Bei einem Sour oder einem Fizz bringen die Zitrusnoten einzelne Bestandteile des Gins nach vorne. Dort kann man den Unterschied schnell hervorarbeiten. Aber wie wäre es mit besagtem Basil Smash, einem Raspberry Thyme Smash oder einem Gin Gin Mule? Der Unterschied ist kaum zu schmecken. Wäre es dann nicht vielleicht sogar Verschwendung ein teures Manufakturprodukt zu verwenden, nur weil der Gast bereit ist, den Unterschied zu zahlen?
Vergessen wollen wir an dieser Stelle natürlich nicht die ganzen kreativen Erfindungen, die speziell um einen einzelnen Gin herumgebaut wurden. Dort steht der Gin im Mittelpunkt und die Aromen des Gins sollen in einem Signature Drink in Szene gesetzt werden. Doch davon gibt es auf der Cocktailkarte in der Regel zwei bis drei Stück – am liebsten wechselnd. Bei der Verwendung eines Pouring Gins geht es um „den Rest“.
Pouring Gins – Masse statt Klasse?
Stimmt man der Argumentation zu, so zeigt sich dass Pouring Gins ihre Berechtigung haben. Welcher Gin als Pouring Gin verwendet wird liegt am Geschmack des Barkeepers und manchmal vielleicht auch, wie man es von den Brauereien kennt, an interessanten Konditionen mit dem jeweiligen Hersteller.
Und trotzdem sind diese Gins, die in großer Menge produziert werden, keine schlechten Gins. Trotz aller Craft und Small-Batch Gins gehören Tom Nichol (Tanqueray), Desmond Payne (Beefeater) und Nik Fordham (Bombay) zu den anerkanntesten Brennern der Branche.
Sie schaffen es mit natürlichen Rohstoffen einen Gin herzustellen, der immer gleich schmeckt. Sie müssen dabei immer neue Quellen für Botanicals/ Gewürze wählen und immer etwas anders kombinieren. Beispielsweise hängt auch der Geschmack der Wacholder von den Sonnenstunden der aktuellen Saison ab, natürlich auch bei Zitronen, Orangen, Limetten, die in viele Gins verwendet werden. Diese handwerklichen und sensorischen Fähigkeiten bringen nur die wenigsten mit.