Einkauf in einem Supermarkt in den Niederlanden. Kassenbereich. Es lachen gekühlte Getränke in Mehrwegflaschen und Dosen. Für den schnellen Suff zwischendurch die üblichen Verdächtigen: Whiskey Cola, Rum Cola, Wodka Lemon und eben Gin & Tonic – Gordon’s in der gelben Dose. Doch im örtlichen Supermarkt ist die Gin Welle auch angekommen: es gibt gleich 3 unterschiedliche Sorten Gin & Tonic in der Dose. Neugier gewinnt – die Dosen landen im Einkaufskorb.
Während man in den nächsten Tagen teils verächtlich um die Dosen schleicht und dann Abends doch einen eher klassischen Gin & Tonic trinkt – irgendwann ist es dann so weit. Das Tasting wird vorbereitet: 3 Longdrinkgläser, reichlich Eiswürfel, das Gin Aroma Wheel und etwas zu schreiben. Dazu gute Gesellschaft.
Dose 1: Gordon’s Gin & Tonic
Bei vielen Lesern dieses Blogs rangiert Gordon’s Gin sicherlich kurz vor der Verachtung. Das macht das Design in der Dose eben auch nicht besser. Und trotzdem schneidet der Gordons Gin in Blindverkostungen selten schlecht ab. Es ist ein Gin, wie man ihn von früher kennt: einfach gestrickt, etwas zu süßlich, leichte Alkoholnoten, leichte Wacholdernote. Mit einem bitteren Tonic, meistens Schweppes Indian Tonic Water – eben so wie man es kennt.
In der Dose ist der erste Eindruck durchaus positiv. Eine deutliche Wacholdernote, ohne viel drum herum. Aber nach wenigen Sekunden wirkt der Gordon’s & Tonic unnatürlich und die Wacholder schmeckt geradezu parfümiert. Die bitteren Noten des Tonics (welches ist nicht bekannt) fehlen im Drink selbst und bleiben nur im Abgang auf der Zunge zurück. Die Einbettung der Kohlensäure ist auch müßig – die Erfrischung ist schnell verflogen.
Selbst wenn man mit geringer Erwartungshaltung an die Sache rangeht ist der Gordon’s & Tonic in der Dose einfach zu chemisch und unnatürlich. Von einem klassischen Gordon’s mit Schweppes Indian Tonic hat man mehr.
Dose 2: Bombay London Dry Gin & Tonic
Den Bombay London Dry Gin sieht man mittlerweile häufiger auch im Supermarkt. Der Gin ist der Vorläufer des Bombay Sapphire London Dry Gin in der sapphirblauen Flasche. Beide Gins werden von Bacardi Deutschland vertrieben. Die Verwandtschaft erkennt man direkt am Design: der Bombay London Dry Gin kommt in der gleichen Flaschenform, nur durchsichtig. Auf dem Label lächelt Queen Victoria, aber das Label ist zurückhaltend grau, der Rest der Gestaltung ähnlich.
Der Bombay London Dry Gin wird nach einem Originalrezept von 1820 gebrannt und ist für etwa 13 € in der 0,5L-Flasche zu haben. Beim Kauf muss man auf die unterschiedlichen Trinkstärken achten. Eine Version kommt mit leichten 39%vol. daher, die andere mit 43 Vol. %. Das macht sich aufgrund der Alkoholsteuer vor allem im Preis bemerkbar. Mit der 43% Vol. haben wir bisher gute Erfahrungen gemacht. Wir nutzen den Gin häufig als Pouring Gin in Gincocktails.
Doch kann der Bombay London Dry auch in der Dose mit einem No-Name Tonic überzeugen? Vorneweg: überhaupt nicht. Wie der Gordon’s wirkt der Bombay extrem parfümiert und unnatürlich. Bei den Aromen stechen vor allem Iriswurzel und Angelikawurzel heraus. Klassische Gin Botanicals, aber schlecht eingebettet. Auch bei den bitteren Noten des Tonics gibt es nichts zu gewinnen. Die Kohlensäure ist fast direkt nach dem Öffnen der gekühlten Dose verfolgen. Damit kann die Dose mit dem eigentlich guten Gin wirklich nicht mithalten. Und nebenher verbaut man sich bei diesem Geschmack wahrscheinlich noch das Marken-Image des Bombay Sapphire, aber das müssen andere entscheiden.
Dose 3: Henkes Cucumber Gin & Tonic
Der Name Henkes dürfte so ziemlich niemandem ein Begriff sein. Unter diesem Label wird in Holland der Royal Stork Gin der Firma Bols vermarktet. Bols kennt von daher schon eher, der Hersteller bringt diverse Liköre und andere Cocktailzusätze auf den Markt. Mit Gin hingegen hat sich Bols bisher keinen Namen gemacht. Dafür kann man Getränke aromatisieren. Könnte also ganz gut schmecken, dieser Gin & Tonic aus der Dose.
Der erste Eindruck: Gurke. Erfrischend, sehr dominant, positiver erster Eindruck. Doch je näher sich das Getränk dem Abgang neigt, desto unangenehmer wird der Geschmack. Der G&T hinterlässt einen brauseartigen Geschmack auf der Zunge und wirkt etwas chemisch, statt gekonnt bittere Noten auszuspielen. Die Kohlensäure ist wie bei den anderen beiden nicht besonders nachhaltig.
Fazit – mal schnell zwischendurch?
Müsste man sich zwischen den drei Gin & Tonics aus der Dose entscheiden, dann würde wahrscheinlich der Henkes Cucumber Gin & Tonic gewinnen. Er wirkt als einziges nicht parfümiert, dafür aber dann doch leicht chemisch.
Wenn man also keine besondere Lust auf den Aufwand beim Pressen frischer Zitronen hat und wieder einmal die Muße fehlt das ganze Set an Barwerkzeug nach der Zubereitung eines Cocktails wieder zu spülen – ja, dann greift man schon einmal schnell zu einem Gin & Tonic. Und trotzdem bekommt man dabei eine herrliche Komplexität und einen erfrischenden Drink in die Hand.
Doch aus der Dose – da ist man bei GINspiration wahrscheinlich einfach nicht die Zielgruppe. Und geschmacklich gibt es da auch nur wenig zu verpassen. Eben nicht mal stink normaler Gin & Tonic, weit abseits vom „ultra premium small batch hand-crafted Musterstadt Dry Gin“ und jeglicher Form der Barkultur. Kann man verurteilen, kann man das aber auch lassen.