Aus der EU-Spirituosenverordnung wissen wir, dass es sich bei Gin immer um eine „Spirituose mit Wacholdergeschmack“ handelt, die „durch Aromatisieren von Ethylalkohol landwirtschaftlichen Ursprungs […] mit Wacholderbeeren (Juniperus communis L.)“ hergestellt wird.
Das Grunddestillat
Am Anfang eines jeden Gins, unabhängig von der genauen Herstellungs- und Destillationsart, steht zunächst ein typischerweise neutraler Alkohol als Grunddestillat. Dieser ist hochprozentig und neutral insofern als er geschmacks- und geruchsneutral ist sowie keine sensorischen Eigenschaften seiner Ausgangsstoffe aufweist. Er kann prinzipiell aus allen zucker-oder stärkehaltigen Stoffen durch alkoholische Gärung und anschließendem Brennen der Maische gewonnen werden, bspw. aus Obst, Getreide, Zuckerrohr oder eben auch Kartoffeln. Dieser „Ethylalkohol landwirtschaftlichen Ursprungs“ wird auch als Agraralkohol bezeichnet.
Bei der Gin-Herstellung wird üblicherweise ein Agraralkohol aus Getreide, insbesondere Weizen, verwendet. Ein Großteil der Produzenten kauft diesen Agraralkohol als Grunddestillat für den eigenen Gin zu und konzentriert sich ausschließlich auf die nächste Stufe des Wertschöpfungsprozesses der Gin-Herstellung, nämlich auf das Aromatisieren des Agraralkohols mit Wacholderbeeren und weiteren Botanicals (und später auf das Vermarkten des Gins…). Hier spricht letztlich nichts dagegen, denn Agraralkohol ist am Markt in hoher Qualität und zu jeder Zeit verfügbar.
Zukaufen oder selbst herstellen?
Einige Hersteller produzieren ihren Agraralkohol jedoch selbst. Ein Grund dafür kann sein, dass sich neben einem Gin auch Spirituosen wie Wodka/Vodka oder Whisky/Whiskey im Produktportfolio der Brennerei befinden. Bei diesen Spirituosen hat das Grunddestillat eine weitaus höhere Bedeutung als bei Gin und wird demnach selbst hergestellt. Schließlich handelt es sich bspw. bei Wodka vereinfacht ausgedrückt um einen mit Wasser auf Trinkstärke herabgesetzten Agraralkohol. Das Grunddestillat prägt das Endprodukt Wodka in höchstem Maße. Wenn also bereits ein Grunddestillat für diese Produkte hergestellt wurde, ist es naheliegend, dieses auch für den hauseigenen Gin zu nutzen. Neben produktionstechnischen- oder betriebswirtschaftlichen Gründen, die zur Eigenproduktion des Agraralkohols führen, kann es auch die Philosophie des Gin-Brenners sein, ein eigenes Grunddestillat zu brennen. So können bspw. die verarbeiteten Rohstoffe kontrolliert werden oder es kann ein eigenes Geschmacksprofil schon vor dem Aromatisieren im Grunddestillat verankert werden. Im letzteren Fall soll das Grunddestillat also gerade eben nicht hundertprozentig neutral sein.
Unterschiedliche Grunddestillate im Gin
Das Beispiel des Wodkas hat uns neugierig auf die unterschiedlichen Grunddestillate für Gin gemacht. Wenn man erst einmal das Vorurteil abgelegt hat, dass Wodka immer aus Kartoffeln gebrannt wird, dann kann man auch den Einfluss von Kartoffeln bei der Alkoholgewinnung auf den Geschmack der Spirituose einschätzen. Ein Grunddestillat aus Kartoffeln ist süßer, hat ein weicheres Mundgefühl und eine intensivere Note als ein Grunddestillat aus Getreide. Gerade wegen der ständigen Diskussion über die Kartoffel bei der Wodkaherstellung viagra vs cialis vs haben wir uns gefragt, wie sich diese auf den Gin auswirkt. Geboren war das Motto „Gins aus der goldenen Knolle“ für unsere Gin-Box im April 2016, wofür wir uns auf die Suche nach drei edlen Gins, die aus der Kartoffel gebrannt sind, gemacht haben.
Grunddestillat aus Kartoffeln
Die Kartoffel gilt ja in und außerhalb Deutschlands als eines der hiesigen Kulturgüter. Aus den Anden in Südamerika wurde sie vermutlich irgendwann im 16. Jahrhundert nach Europa gebracht und dort kultiviert. Deutschland gehört zu den größten Kartoffelproduzenten weltweit, auch wenn unsere Landwirtschaft hinsichtlich der Ertragsmengen und Flächen mittlerweile eher durch Tierhaltung und den dazu notwendigen Anbau von Mais und Getreide als Futtermittel geprägt ist.
Im 18. Jahrhundert begann man in Deutschland, die Kartoffel für die Destillation von Kartoffelschnaps zu nutzen, schließlich war sie ein preiswerter Rohstoff. Es handelte sich meist um einfachen Schnaps von geringer Qualität. Heute lassen viele Brennereien die alte Tradition des Kartoffelschnapses in Deutschland mit qualitativ hochwertigen Produkten wieder aufleben. Kein Wunder, dass es auch unter den Gins einige wenige Exemplare gibt, für die statt eines Getreidedestillats ein Kartoffeldestillat verwendet wird.
Die Gins aus der goldenen Knolle
#1: Der puristisch-milde Kartoffelgin – der St. Patrick’s Distillery Classic Juniper Potato Gin
Die St. Patrick’s Distillery liegt ganz im Süden Irlands und hat neben verschiedenen Gin-Sorten auch Vodka und Whiskey im Angebot. Für alle Produkte wird ein Grunddestillat zu 100% aus Kartoffeln gewonnen, da es laut Hersteller eine einzigartige natürliche Süße und ein besonders weiches Mundgefühl aufweist. Kartoffeln haben einen geringeren Stärkeanteil als Getreide, so dass vergleichsweise mehr Kartoffeln bei der Alkoholgewinnung zum Einsatz kommen als wenn das Grunddestillat aus Getreide hergestellt werden würde. Ganze 250 Kartoffeln stecken in einer Flasche des St. Patrick’s Distillery Classic Juniper Potato Gin! Dieser hat einen Alkoholgehalt von 40 % vol. Insgesamt ein milder Gin, der ein sehr klassisches Gin-Geschmacksprofil von Wacholder und leichten Zitrusnoten aufweist. Seine leichte Süße kommt besonders in der puren Verkostung sowie in einem Martini Cocktail wunderbar hervor. Als Gin & Tonic harmoniert er gut mit dem ausbalancierten, aber auch intensiven Thomas Henry Tonic Water. Hier zeigt sich, dass der Gin nicht schwach-mild, sondern betont mild ist. Durch seine Komplexität kann er diesen Charakter auch im G&T wahren. Verkauft wird er in einer 700ml Flasche zu einem Preis von ca. 40 Euro.
Links: www.stpatricksdistillery.ie
#2: Der ausdrucksstarke Kartoffelgin – der BAVARKA Bavarian Gin
Die Lantenhammer Destillerie nahe dem Schliersee ist weltweit für ihre Edelbrände und insbesondre ihren Slyrs Bavarian Single Malt Whisky bekannt. Dazu gesellt sich u.a. ein bayrisch geprägter Gin: Der BAVARKA Bavarian Gin mit einem Alkoholgehalt von stattlichen 46 % vol. Der Gin kommt in einer 700ml Flasche zu ca. 37 Euro daher. Der aus 100% deutschen Kartoffeln gebrannte hauseigene Vodka wird als Grunddestillat zum Ansetzen des Gins verwendet. Dieser ist kräftig-aromatisch im Charakter, was sich eins zu eins im Gin fortsetzt. Gebrannt wird übrigens nicht am Schliersee, sondern in der Kolonnenbrennerei am Ostbahnhof in München, mit anschließender Lagerung in Steingutgefäßen. Zehn bayrische Kräuter werden schließlich angesetzt und destilliert, darunter Hopfen, Fenchelsamen, Heublume sowie Orangen- und Zitronenschalen. Schon beim Öffnen der Flasche strömen kraftvolle Noten von Wacholder und Zitrusfrüchten in die Nase. Auch der BAVARKA hat eine leichte Süße, der jedoch ein herber, leicht bitterer Abgang gegenübersteht – also ganz anders als wir es beim Gin der St. Patrick’s Distillery erlebt haben. Wenn wir bei dem Vergleich bleiben: Im Martini Cocktail und G&T mit Thomas Henry jeweils eher dominant, jeweils eine tolle frische Kombination.
Links: https://www.gintlemen.com/bavarka-bavarian-gin/
#3: Der elegante Kartoffelgin – der Windspiel Premium Dry Gin
Beim Windspiel Premium Dry Gin handelt sich um einen Dry Gin mit beachtlichen 47 % vol. Er kommt in einer 500ml Flasche zu ca. 40 Euro. Hinter dem Produkt steht die Eifelion GmbH, die wiederum dem Firmenverbund der TechniRopa Holding angehört. Vielen dürfte in diesem Verbund eher die Marke TechniSat bekannt sein, unter der TV-Geräte sowie SAT-Technik entwickelt, produziert und vertrieben werden.
Aber auch der Kartoffelanbau für Chipshersteller gehört zum Portfolio des Unternehmenns. Und einige der vielen angebauten Kartoffeln landen eben nicht frittiert oder gebacken in Chipstüten, sondern im Brennkessel des Windspiel Gins. Damit ist Windspiel nicht nur ein schönes Beispiel für Synergien auf Gesamtunternehmensebene bei der Herstellung von Gin, die über die kombinierte Produktion von Wodka und Gin hinausgehen. Es zeigt auch, dass Craft Spirituosen sicherlich nicht zwingend an Unternehmensarten festgemacht werden können, sondern an ihrer Qualität und ihren regionalen Rohstoffen gemessen werden müssen.
Für die Herstellung des Windspiel Gins ist Destillateurmeister Holger Borchers verantwortlich. Basis des Grunddestillats sind regionale Kartoffeln, die in der Vulkanerde der Eifel gereiften sind. Durch insgesamt drei Brennvorgänge wir die Kartoffelnote unverwechselbar fein und mild. Alle Botanicals, die den Gin auszeichnen, werden einzeln destilliert und schließlich mit dem Kartoffeldestillat vereint.
Dazu gehören neben Wacholderbeeren vor allem Zitronenschalen, Koriander, Lavendelblüten, Ingwer und Zimt. Das Aroma ist klassisch-elegant mit süßlichen Noten. Die Süße setzt sich im Geschmack fort, wobei Wacholder dominiert, der Gin an sich aber sehr komplex daherkommt. Pur ist der Gin recht scharf, was an seinem hohen Alkoholgehalt liegt, während er sich im Cocktail oder Gin & Tonic deutlich eleganter zeigt. Eine besonders elegante Figur macht der Windspiel Premium Dry Gin in einem Silver Gin Fizz. Ach, und was haben Windspiele als Hunderasse und die Kartoffel gemeinsam? Schaut doch einmal im Review zum Windspiel Gin.
Link: www.windspiel-gin.de
Drei Gins, eine Box: Gins aus der goldenen Knolle
Unsere drei ausgewählten Kartoffel-Gins zeigen, wie sich der Eigengeschmack des Kartoffeldestillats harmonisch mit dem Wacholdergeschmack als Hauptmerkmal des Gins vereinen kann. Eine Veränderung des Grunddestillats bringt noch mehr Vielfalt in die Gin-Landschaft! Und auch zwischen den drei Kartoffel-Gins gibt es sehr unterschiedliche Noten, von puristisch mild, über ausdrucksstark bis elegant. Gibt es weitere Gins mit Kartoffel, die wir mal probieren sollten? Hinweise bitte per Mail oder Social Media. Cheers!
Probieren könnt Ihr die Gins hier: https://www.gebruedergin.de/wp/shop/