Auf GINspiration.de sind wir vor allem Fan klassischer Gins, wie man an Beiträgen zu „Call Time on Fake Gin“ oder „Wie viele Botanicals braucht ein guter Gin“ erkennen kann. Deshalb haben wir Maximilian Mende, Autor und Inhaber von www.ginnatic.com eingeladen, unsere Leser von mehr Gin-Vielfalt zu begeistern:
Erinnert ihr euch noch an die Zeiten, als verschieden Medien und die Presse Analogkäse auf Pizza und in Restaurants verspotteten? Was ist aus dem Analogkäse heute geworden? Mittlerweile regt sich keiner mehr darüber auf und man kann den falschen Käse als veganen Käse bei verschiedenen Einzelhändlern zu sehr hohen Preisen erstehen.
Warum ich dieses Beispiel erwähne? Am Analogkäse erkennt man recht deutlich, dass sich der Blickwinkel auf ein Produkt je nach Mediendarstellung und öffentliche Aufmerksamkeit regelmäßig verändert bzw. ändert.
Wann ist ein Gin ein Gin? Ist ein Gin nur ein Gin, wenn er ein klassischer London Dry Gin oder Dry Gin ist? Oder ist Gin vielmehr ein Produkt, das so wandlungsfähig ist wie Bier? Craft Bier kennt ihr doch sicher? Zwar ist Bier in Deutschland an das Reinheitsgebot gebunden, in anderen Ländern ist man jedoch deutlich experimentierfreudiger. Erlaubt und gebraut wird was schmeckt.
New Western Dry Gin sehe ich derzeit ähnlich wie den Analogkäse und das Craft Bier. In Medien und Presse gab es einige Kampagnen (die auch von einigen traditionellen London Dry Gin Herstellern finanziert und unterstützt wurde), die den New Western Dry Gin in Missgunst gebracht hat . Aber warum nur? Hat man Angst, dass neue Kreationen Marktanteile und Bestandskunden wegschnappen könnten? Oder ist es generell die Angst vor etwas Neuem?
Was unterscheidet eigentlich einen New Western Dry Gin von einem normalen London Dry Gin? Wie wir ja alle mittlerweile wissen, kommt der London Dry Gin nicht zwingend aus London, sondern beschreibt vielmehr einen Gin, der bestimmte Eigenschaften aufweist, die in einer Regelung im Jahre 2008 festgelegt wurden. Diese Regelung entstand also noch bevor der aktuelle Aufschwung des Gins begonnen hatte. Die Regelung besagt, dass max. 0,1g Zucker auf einem Liter Gin enthalten sein darf. Überschreitet der Zuckergehalt diese Grenze darf sich das Destillat nicht mehr London Dry Gin nennen. Daher sind einige Produzenten vor etwa neun bis zehn Jahren dazu übergegangen einen neue Gin-Sorte bzw. Kategorie ins Leben zu rufen. So entstand der New Western Dry Gin.
Natürlich ist die Bezeichnung Gin für viele Produzenten derzeit ein Garant dafür, dass sich das neu geschaffen Produkt auch verkauft. Für den Gin selbst und für dessen Liebhaber ist es jedoch auch eine Chance sich neu zu entdecken und sich weiterzuentwickeln
Als regelmäßiger Gin-Trinker habe ich natürlich auch schon unzählige New Western Dry Gins probiert. Einige haben mit einem klassischen Gin nur noch sehr wenig zu tun. Es wird mit Apfel, Wein und Botanicals gespielt, bis dann am Ende eine Wacholderbeere in das neue Destillat kommt und damit die Grundlage bildet das Destillat New Western Dry Gin zu taufen. Bisher hatte ich jedoch noch keinen New Western Dry Gin der richtig schlecht war. Klar, manche Menschen mögen Mango und Kokos Geschmack, andere wiederum nicht.
New Western Dry Gin hat für mich genauso seine Daseinsberichtigung wie ein guter London Dry Gin oder Dry Gin. Wenn man gerne Mango mag, warum sollte man dann nicht einmal einen New Western Dry Gin mit Mango Geschmack trinken? Es sollte nicht nur darum gehen, dass jemand sagt, dass es eigentlich kein klassischer Gin ist. Auch wenn es sich vielmehr eine neue Kreationen handeln mag, entstehen diese doch aus einer Bewegung heraus, die sehr gut in unsere heutige Zeit passt.
Ich sehe den Innovationsgeist im Gin-Sortiment als positives Zeichen dafür, dass sich Menschen heute wieder Gedanken über Produkte machen, die sie regelmäßig konsumieren und nicht einfach trinken und essen was ihnen auf den Tisch gestellt wird. In diesem Sinne: Viel Spaß beim Probieren!