Die Vapando GmbH aus Hamburg macht eigentlich eZigaretten, kennt sich also mit Aromen aus. Seit Herbst bietet sie unter „mein-gin.de“ auch eine Möglichkeit an, seinen eigenen Gin zu personalisieren. Man spricht die Einzigartigkeit und individuellen Geschmack an. Und so kann man im „Gin-Mixer“ aus über 60 unterschiedlichen Gewürzen sein eigenes Ginrezept zusammenstellen und herstellen lassen. Wir haben uns ein Rezept zusammengestellung und den personalisierten Gin getestet.
Herstellung eines personalisierten Gins
Beim „Customized Gin“ von „Mein Gin“ handelt es sich um einen Distilled Gin, also einen destillierten Gin. Die Wacholder wird in neutralem Alkohol destilliert und dann mit den gewünschten Aromen im Nachgang vermischt. Eine Produktionsart, die bei der Entwicklung neuer Ginrezepte bereits häufig verwendet wird. So kann ein Brenner den Ausschuss gering halten. Statt 100 verschiedene Gins zu brennen kann er testen, welche Aromen zusammen passen. Aber auch bei Gins auf dem Markt ist das Herstellungsverfahren verbreitet, wenn auch nicht bei Premiumgins.
Klar wird: der Gin wird nicht für jeden einzelnen Kunden in einer Kupferbrennblase gebrannt, sondern im Labor aus den unterschiedlichen Aromen geblendet (zusammengemischt). Heraus kommt ein Gin mit 40% Vol. Damit also weicher als die meisten Gins, die mit 43% Vol. – 47% Vol in die Flasche kommen.
Wie Du Deinen Gin selbst zusammenstellst
Mit dem online Gin-Mixer kannst Du Dir Dein individuelles Rezept zusammenstellen. Zuerst muss dafür die Wacholderstärke ausgewählt werden, von leicht bis stark. Im nächsten Schritt kann man weitere Gewürze hinzufügen.
Die Erklärungen zu den einzelnen Botanicals sind super. Der Gin-Mixer geht auf Duft, Geschmack und Einsatz ein. So hat man eine erste Orientierung, welche Botanicals für den individuellen Gin in Frage kommen. Bei jedem der Botanicals kann man wieder die Stärke zwischen leicht – mittel – stark wählen. Insgesamt kann man so, neben dem Wacholder, bis zu 6 weitere Botanicals hinzufügen.
Auswahl an Botanicals
Durch die Herstellung als Distilled Gin erlaubt „Mein Gin“ eine große Auswahl an Botanicals. Insgesamt sind es bisher schon 60 Stück, die in fünf Kategorien eingeteilt sind:
- Fruchtig
- Zitrisch
- Würzig
- Floral
- Süsslich
Die Kategorien geben eine gute Orientierung in welche Richtung der personalisierte Gin gehen kann. Und bei der Auswahl der Gewürze findet man eine gute Mischung aus typischen Gewürzen und spannenden Ideen wie Waldmeister (beispielsweise im Berliner Brandstifter), Rosmarin (typisch im Gin Mare), Lavendelblüte (z.B. im Ferdinand’s Saar Dry Gin) oder Zimt (z.B. im Applaus Gin aus Stuttgart).
Verkostung des personalisierten Gins
Für unser Experiment wollten wir einen Gin kreieren, der Frische mitbringt, aber auch in eine klassische Richtung geht. Auf dieser Basis haben wir das folgende Rezept zusammengestellt:
- Wacholder – stark
- Zitronenschalden – leicht
- Litsea Cubeben Öl – stark
- Koriander – stark
- Ingwer – leicht
- Zirbelkiefernöl – stark
Das Ergebnis unseres personalisierten Gins
Wir haben schon viele Gins probiert, die zu einfach gemacht waren. Gins, die es nicht geschafft haben, eine interessante Komplexität aufzubauen. Einfach Spirituosen, die mehr an einen aromatisierten Vodka erinnern, als an einen echten Gin. Und genauso muss man unser Experiment leider zusammenfassen.
In der Nase erkennt man die Wacholder sehr deutlich. Weitere Aromen erkennt man nicht. Es wirkt einfach. Am Gaumen dann die Zitrusaromen des Litsea Cubeben Öls. Diese dominieren alles. Obwohl wir Wacholder und Zirbelkiefernöl ebenfalls als „stark“ im Rezept markiert haben. Der Gin ist leicht zu trinken und sehr süß geworden. Einen Abgang hat der Gin eigentlich nicht.
Unser Gin-Experiment schmeckt zu schlicht. Die Zitrusnoten im Litsea Cubeben Öl übertönen jeglichen Geschmack, der aus den anderen Aromen kommen könnte. Das selbe Ergebnis hat man tatsächlich mit einem 7,99€ teuren Gin von Lidl im Glas. Unser Rezept würden wir keinem ans Herz legen wollen.
Der Gin im Gin & Tonic-Test
Einen Gin für den Purgenuss zusammenzustellen ist natürlich gleich die höchste Liga. Deshalb gaben wir unserem „Mein Gin“ noch einen Versuch im Gin & Tonic. Besser gesagt in zwei unterschiedlichen Kombinationen.
Mein Gin & Goldberg Dry Tonic Water
Mit einem Dry Tonic Water kann man im Gin & Tonic eigentlich sehr gut die klassischen Noten von Wacholder und Zirbelkiefernöl betonen. Hat in dieser Kombination nicht geklappt. Der Gin & Tonic wird wieder vom Litsea Cubeben Öl völlig dominiert. Auf der Suche nach anderen Aromen sind wir vergeblich. Der Gin-Tonic ist viel zu süß und schmeckt irgendwie „billig“.
Mein Gin & Fever Tree Indian Tonic Water
Eine klassische Kombination, die dem Gin Platz lässt. Und genau diesen Platz nimmt sich der Gin auch. Die Eindrücke sind die gleichen wie mit dem Tonic von Goldberg. Die Kombination schmeckt schlicht. Die Süße übertönt jegliches Aroma. Auch die bitteren Chininaromen des Tonic Waters sind überhaupt nicht mehr zu erkennen.
Aufmachung und Verpackung
Mein Gin wird in einem weißen, glänzenden Pappkarton geliefert. Der Karton ist mit einem Löwen bedruckt, dem Logo von Mein Gin. Öffnet man den Karton, dann darf man den Gin, gut verpackt, aus dem Verpackungsmaterial ziehen.
Die voluminöse Flasche erinnert an einen Parfümflakon. Sie fasst 0,5l und ist mit einem Plastikverschluss verschlossen. Dieser ist von einer Wachsschicht umgeben. Auf der Vorderseite prangt ein großes Etikett mit dem Löwen und der Aufschrift „Mein Gin“. Außerdem ist die Rezeptnummer zum Nachbestellen vermerkt. Warum man das mit einem grünen Stift machen muss ist uns nicht ganz klar.
Das Paket passt insgesamt zusammen. Der weiße Karton ist sicherlich Geschmacksache. Auf uns wirkt er zu schlicht für ein solches, personalisiertes Produkt.
Eindrücke von „Mein Gin“
Preis/Leistung
„Mein Gin“ bezeichnet sich selbst als Premium Gin. Bei einem Preis von 39,- € für 0,5 Liter Gin kann man das durchaus behaupten. Bedenkt man aber, dass jede Flasche individuell zusammengestellt und verpackt werden muss, dann passt der Preis eigentlich gut in die aktuelle Ginlandschaft.
Wir sind von der Qualität des Destillats aber nicht überzeugt. Unser zusammengestelltes Rezept schmeckt zu einfach. Bei einem Premium Gin darf man deutlich mehr erwarten. Deshalb wirkt der Preis für uns, trotz Individualisierung, einfach zu hoch.
Fazit
Gesamteindruck
Auswahl Gins
Verpackung / Aufmachung
Preis/Leistung
„Mein Gin“ ist eine spannende Alternative um seinen eigenen Gin zu machen. Wir sind mit unserem Rezept aber nicht zufrieden. Der Gin schmeckt zu einfach und auch im Gin & Tonic überlagert das Süße Litsea Cubebenöl in unserem Rezept einfach jeglichen Geschmack.
Das kann natürlich einfach an unserem Rezept liegen… Aber beim wievielten Versuch wird es denn was? Und jedes Mal 39,- € bezahlen? Aus unserer Sicht braucht das customizen eines Gins mehr Anleitung (z.B. in Form eines Workshops) oder eine Qualitätskontrolle, ob das alles so zusammen passt.
Insgesamt fehlt dem Gin einfach die Tiefe und Komplexität. Einen vergleichbaren Gin, ohne customizing, bekommt man für ca. 10,- €. Wir vertrauen uns auch in Zukunft lieber wieder Brennern an, die ihr Handwerk verstehen.