Brennfehler waren im 18. und 19. Jahrhundert bei der Alkoholherstellung noch die Regel. Diese wurden durch die Zugabe von Botanicals wie Zitrusfrüchte, Anis oder natürliche Süßstoffe wie Süßholz und schließlich durch die Beigabe von Zuckersirup überdeckt. Das Ergebnis waren sogenannte Old Tom Gins, wie im Blogbeitrag zu gesüßten Gins erläutert wird. Übrigens ist der Begriff Old Tom Gin als Synonym für gesüßten Gin als solches nicht geschützt und keine eigenständige rechtliche Gin-Kategorie.
Die Geschichte des „London Gins“

Die 3 bekannten London Dry Gins: Tanqueray, Gordon’s, Beefeater
Zu Beginn des 19. Jahrhunderts wurde das kontinuierliche Brennverfahren erfunden. Dabei wird kontinuierlich Maische in die Brennblase hinzugegeben und bei hoher Temperatur zügig verdampft. Der flüssige Alkohol wird dann über Kondensation in einem Kühler gewonnen. Das Brennen findet ohne Unterbrechung statt, was eine ökonomische Herstellung von großen Mengen von Alkohol mit sehr hohen Volumenprozenten ermöglichte. Wegen der hohen Trennleistung des Brennverfahrens werden unerwünschte Stoffe, vor allem flüchtige Maischestoffe, im destillierten Alkohol nicht mit aufgenommen. So verbesserte sich auch die Alkoholqualität deutlich. Brennmeister wie Alexander Gordon, Felix Booth, Charles Tanqueray oder James Burroughs waren Pioniere auf ihrem Gebiet und hatten den Anspruch, qualitativ hochwertige, ungesüßte Gins herzustellen. Noch heute sind diese Destillateure durch die bekannten Markennamen präsent.
Ungesüßter Gin wurde insbesondere von der gutbürgerlichen Schicht stärker nachgefragt. Man wollte sich dadurch auch hinsichtlich der Trinkgewohnheiten der niedrigeren Schichten abgrenzen. Um die ausbleibende Beigabe von Zuckersirup kenntlich zu machen, nutzte man das Wort „dry“ als Zusatz für ungesüßten Gin. Und da ein Großteil der Produzenten in London ansässig war, wurde das Wort „London“ zum Synonym für ungesüßten Gin, der bis in die 1960er Jahre den Old Tom Gin nahezu vollständig aus den Regalen der Spirituosenhändler und Bars verdrängte.
Die EU Spirituosen-Verordnung
In der aktuellen Fassung der EU-Spirituosenverordnung ist London Gin als eine eigene Gin-Kategorie definiert. Gemäß dieser Verordnung müssen folgende acht Punkte bei der Herstellung eines London Dry Gins beachtet werden:
- Zur Herstellung darf nur Ethylalkohol landwirtschaftlichen Ursprungs mit einem Methanolgehalt von höchstens 5 Gramm pro Hektoliter reiner Alkohol als Basis verwendet werden.
- Die Aromatisierung erfolgt ausschließlich durch erneute Destillation des Basisalkohols.
- Neben Wacholder sind dabei nur natürliche Stoffe als Zusatz erlaubt, wobei alle Stoffe gemeinsam destilliert werden müssen.
- Der Alkoholgehalt des hieraus gewonnenen Destillats beträgt mindestens 70 % vol.
- Der Zuckeranteil des gewonnenen Destillats darf lediglich 0,1 Gramm auf 1 Liter betragen.
- Als weitere Zutat darf nur Wasser (zum Herabsetzen auf Trinkstärke) verwendet werden. Farbstoffe sind ausdrücklich verboten!
- Der Alkoholgehalt des Endproduktes muss mindestens 37,5 % vol. betragen.
- Die Bezeichnung London Gin darf durch „dry“ ergänzt werden.
Was Dry Gin auszeichnet
In der EU-Spirituosenverordnung von 2008 war sogar das Wort „dry“ nicht eindeutig definiert, sodass ein Dry Gin auch ein Old Tom Gin hätte sein können. Mit der Veränderung der Spirituosenverordnung im Jahr 2014 ist nun immerhin der Zusatz „dry“ geregelt. Der Name eines Gins darf mit dem Begriff „dry“ ergänzt werden, wenn „der Gehalt der Spirituose an zugesetzten süßenden Erzeugnissen nicht mehr als 0,1 g Zucker je Liter des Fertigerzeugnisses beträgt.“ Beim London Gin ist dies immer der Fall, sodass also auch von London Dry Gin gesprochen werden darf.
London Gin oder synonym London Dry Gin ist also nach der EU-Spirituosenverordnung keine Herkunftsangabe, sondern eine Gin-Kategorie, bei der u. a. alle Botanicals gemeinsam destilliert werden und der Zuckergehalt sehr niedrig ist. So bei den drei Gins unserer Gin-Box „Dreimal London Dry Gin“.
Die Gins im Tasting Set
Ganz egal ob aus London oder irgendeinem anderen Ort auf dieser Welt: London Gin oder synonym London Dry Gin wird nach strengen Richtlinien der EU-Spirituosenverordnung hergestellt. Mal mit klassischem Gin-Rezept, mal neu interpretiert. Cheers!
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London Dry Gin aus London
#1: Aus London – der East London Liquor Company London Dry Gin
London Dry Gin der East London Liquor Company
Der London Dry Gin der East London Liquor Company hat einen Alkoholgehalt von 40 % vol. Er kombiniert den Wacholder in einem klassischen Gin-Rezept mit Zitronen- und Grapefruitschalen, Koriander, Angelikawurzel, Kardamom und Kubebenpfeffer.
Die Botanicals werden mit einem 100 % britischen Weizendestillat angesetzt und anschließend in einer Kupferbrennblase destilliert. Neben dem Verfahren der Mazeration wird auch ein Dampfauszug genutzt. Dabei sind Körbe mit den Botanicals befüllt und in der Brennblase so aufgehängt, dass der Alkoholdampf hindurchzieht und die Aromen aufnimmt.
Die East London Liquor Company ist ein noch sehr junger unabhängiger Spirituosenhersteller im Londoner Stadtteil East End. Produziert wird neben verschiedenen Gins auch Wodka, Rum und Whisky. Der London Dry Gin ist nur einer der Gins, die das Unternehmen herstellt.
Die frischen Noten von Wacholder und Zitrusfrüchten vereinen sich im Aroma und Geschmack mit der Schärfe von Kubebenpfeffer und Kardamom. In der Nase ist der London Dry Gin besonders harzig und damit auch sehr charakterstark in einem Gin & Tonic.
Der East London Liquor Company London Dry Gin ist in Deutschland momentan noch nicht erhältlich. In Großbritannien wird er in 700 ml Flaschen zu einem Preis von ca. 35 Euro verkauft.
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Hoos London Gin
#2: Aus Karlsruhe – der Hoos London Gin
Hoos London Gin aus Karlsruhe
Der Hoos London Gin kommt aus Karlsruhe, Baden, und ist – so viel verrät schon sein Name – im Stile eines London Dry Gin gebrannt. Er hat einen Alkoholgehalt von 44,4 % vol.
Heiko Hoos hatte Ende 2013 die Idee zu diesem Gin und bereits wenige Monate später seine finale Rezeptur. Insgesamt werden 15 frische und getrocknete Kräuter verarbeitet. Neben den typischen Wacholderbeeren werden u. a. Koriander, Zitronen- sowie Orangenschalen, Majoran, Zitronenmelisse, Kiefernknospen, Süßfenchel, Kamille und Kardamomsamen verarbeitet.
Pro Brennvorgang werden nicht mehr als 60 Liter des London Gins produziert. Nachdem er einige Wochen geruht hat, wird er mit weichem Quellwasser aus dem Pfälzer Wald vermählt, um ihn auf Trinkstärke zu setzen.
Der Hoos London Gin ist ein trockener Gin. Die Kieferknospen verleihen ihm ein sehr waldiges und harziges Aroma, welches durch Noten von Kamille und Lavendel umspielt wird. Im Mund liegt er weich mit leichter Süße. Er fühlt sich leicht cremig an und weist einen langanhaltenden trockenen Abgang auf.
Heiko Hoos bietet auch einen fassgelagerten Reserve Gin sowie einen Pink Grapefruit Gin an. Der Flaschenpreis des London Gin liegt bei ca. 33 Euro für die 700 ml Flasche.
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Feiner Kappler Gin
#3: Aus Kappelrodeck – der Feiner Kappler Gin
Der Feiner Kappler Gin aus Kappelrodeck, ebenfalls Baden, hat einen Alkoholgehalt von 44 % vol. Hier wird im Namen auf den Zusatz London Gin verzichtet, gebrannt wird aber nach dieser Art.
Axel Baßler ist Brennmeister und hat viel Erfahrung in der Herstellung von Edelbränden, Likören und Whisky. Die Idee und das Rezept zum Gin sind aber auch der Expertise seiner Frau zu verdanken. Diese ist Apothekerin und hat ein feines Gespür für die Kombination verschiedener Stoffe, hier Gin-Aromen. Zusammen kreierten sie einen Gin, der zwar nach dem klassischen London Gin Verfahren destilliert, aber in seiner Rezeptur von den Klassikern deutlich abweicht.
Insgesamt enthält der Gin 13 Botanicals. Zur Grundlage des Wacholders kommen klassische Gin-Botanicals wie Koriander und Angelikawurzel. Mit Hibiskusblüten, Lavendel und Holunder kommt eine florale Note in den Gin. Diese wird mit kräftigen Noten der thailändischen Kaffirlimette und der in Deutschland heimischen gemeinen Wegwarte ergänzt.
Der Feiner Kappler Gin ist süßlich-floral in der Nase. Die ersten Tropfen wirken frisch mit sehr viel Zitrusaromen. Am Gaumen setzt der Wacholder angenehm stark und ätherisch ein und verleiht dem Gin einen langen und warmen Abgang. Der Gin eignet sich aufgrund seines feinen Charakters wunderbar zum Mixen.
Der Feiner Kappler Gin wird in einer 700 ml Flasche zu einem Preis von ca. 49 Euro verkauft.