Traut man dem EU-Gesetz, in dem die EU festgelegt hat, welche Spirituosen sich Gin nennen dürfen, dann ist Gin eine farblose Spirituose mit dominanten Wacholder-Geschmack. Doch so eng nimmt man es damit eigentlich kaum. Gin schmeckt schon länger nicht mehr unbedingt nach Wacholder (siehe Diskussion hier). Bei mindestens 4.000 Gins weltweit muss man sich eben geschmacklich unterscheiden. Und auch das Flaschendesign scheint nicht mehr ganz zu reichen: Gin kommt jetzt also auch in unterschiedlichen Farben daher. Ein-Tasting Spaß, den wir uns nicht entgehen lassen wollten.
Wie kommt Farbe in den Gin?
Gin ist ein Geist: die Wacholder wird zusammen mit einem neutralen Alkohol mazeriert und dann destilliert. Das Ergebnis einer Destillation ist eine klare Spirituose. Das ist auch bei farbenfrohen Ausgangsmaterialien wie Himbeere, Heidelbeere oder Haselnuss genauso. Und auch bei der Herstellungsmethode „London Dry Gin“ ist Gin immer klar.
Aber es gibt noch mehr Ginsorten, zum Beispiel den Dry Gin. Beim Dry Gin dürfen nach der Destillation noch Aromen mit dem Gin „gemischt“ werden. Gleiches gilt für Farbstoffe. Sie werden also nach dem eigentlichen Brennvorgang hinzugefügt.
Natürliche Farbstoffe im Gin?
Lebensmittelechte Farbstoffe kennen wir aus der Küche und anderen Getränken zur Genüge. Die Beigabe von Farbstoffen nach der Destillation ist die einfachste Möglichkeit. Etwas natürlicher ist der Vorgang der Mazeration. Hier wird ein Gewürz, oder eine farbtragende Blume, in den eigentlich fertigen Gin eingelegt. Der Alkohol zieht mit der Zeit die Aromen aus Gewürzen und Blumen heraus. Und eben auch die Farbe. Das Ergebnis ist ein Gin, der „sich verfärbt“ hat. Genauso werden auch Sloe Gins und andere Liköre hergestellt.
Eine bunte Verkostung: die Ergebnisse
Mit diesem Vorwissen haben wir uns also an die Verkostung einiger neuer Gins gemacht. Unsere Eindrücke haben wir unten kurz festgehalten. Natürlich streng nach Farben sortiert:
Cuxhaven Gin
Die Flasche ziert ein einfaches Etikett aus dem Digitaldrucker. Darauf: Nordseestrand und die Aufschrift „Cuxhaven Gin“. Der Gin leuchtet blau, die Flasche ist farblos.
In der Nase riecht der Gin parfümiert, mit einer deutlichen alkoholischen Note. Berührt der Gin die Zunge denkt man an Rasierwasser. Der Gin ist scharf, die Gewürze scheinen schlecht eingebettet. Der Abgang macht den selben Eindruck. Eine alkoholische Note prägt den Geschmack aus unserer Sicht deutlich zu stark. Diesen Gin werden wir wahrscheinlich nicht nochmal probieren.
Just Fine Gin
Bei diesem Gin von Spirituosen Wolf aus Hamburg kommt die grüne Farbe vom Hanf. Ein fertiger Gin wird 72 Stunden in Hanf eingelegt (bzw. umgekehrt), danach wird noch ein Orangen-Destillat dazu gemischt. Das Ergebnis mit 43%Vol. schmeckt recht schlicht. Orange schmeckt man, auch Gewürze. Aber so richtig rund ist das für ca. 30,- € auf den halben Liter nicht.
Gentle Gin
Gentle Gin aus Berlin gibt es mittlerweile in gleich drei Farben, verpackt in schönen, durchsichtigen Apothekerflaschen. Alles ungewöhnliche Konzepte und neue Ansätze, die man geschmacklich klar in die Riege der „New Western Dry Gins“ stecken kann.
Der erste Gin, der Gentle Gin, bekommt seine Farbe aus Safran. Geschmacklich erkennt man den Safran deutlich, zusammen mit jeder Menge Zitrusaromen und einem leicht-blumigen Charakter. Eine ungewöhnliche Kombination, die aber tatsächlich nur noch wenig an einen Gin erinnert. Aber das ist vielleicht auch das ganze Konzept dahinter.
Pink
Um die farbe Pink im Gin hat sich eine ganze Kategorie gebildet. Zahlreiche Hersteller versetzen Gin nachträglich mit Erdbeeren bzw. Erdbeeraromen. Der Gin ist nicht zum Purgenuss gedacht und entsprechend auch kaum pur zu trinken. Aber auch der Gin & Tonic ist nicht immer ein Genuss. Oft wirken die Aromen künstlich und wenig rund.
Saffron Gin von Gabriel Bourdieu
Ein farbiger Gin aus einer französischen Traditionsbrennerei. Der Saffron Gin war 2008 wohl einer der allerersten Gins, der mit „Farbe im Gin“ spielt. Der Vorreiter und 2008 noch eine echte Innovation. Und mit Safran hat man sich dafür eines der teuersten Gewürze überhaupt ausgesucht.
Geschmacklich ist das Ergebnis leider nur durchschnittlich. Im Saffron-Gin spielt vor allem der Fenchel die Hauptrolle. Er ist dominant in allen Phasen der Verkostung. So ist es schwierig den Safran überhaupt zu erkennen.
> zum ausführlichen Review
Tanqueray Flor de Sevilla
Mit Tanqueray brint mittlerweile auch ein Traditionshersteller einen Gin auf den Markt, bei dem man die markante orangene Farbe nicht übersehen kein. Für eine Marke die für klassische Gins steht ist das gewagt, vor allem wenn man die oberen Urteile gelesen hat.
Aber Tanqueray schafft den Spagat und schafft es, ein natürliches Aroma von Sevilla Orangen mit klassischen Gin-Noten zu vermählen: Wacholder, Koriander, etwas Lakritz. Deutliche Orangennoten, ohne das die Gin-Aromen verloren gehen. Und das mit etwa 28,- € für die 0,7L-Flasche zu einem vernünftigen Preis.
> Testbericht: Tanqueray Flor de Sevilla
Fazit der Verkostung
Für uns wird Gin eine farblose Spirituose bleiben. Die ganzen bunten Variationen sind zwar lustig anzusehen, aber ein überzeugendes Produkt hat nur Tanqueray im Angebot.Oft passt as Preis-Leistungsverhältnis so gar nicht:
Ein maximal durchschnittlicher Gin, eingefärbt um sich abzugrenzen, bleibt ein maximal durchschnittlicher Gin. Für uns ist ein bunter Gin ein klares Zeichen, die Flasche erstmal im Regel stehen zu lassen.
Davon würden wir drei Ausnahmen machen:
- fassgelagerte Gins, sog. Reserve Gins, bringen spannende Aromen ins Glas. Hier gibt es einiges zu entdecken. Nicht als Gin & Tonic-Kombination, aber sicherlich für den Spirituosen-Liebhaber.
- Sloe Gins. Gin, der mit Schlehen angesetzt ist. Also eigentlich eine Art Gin-Likör. Eine perfekte Grundlage für kältere Tage im Herbst und Winter
- Flor de Sevilla von Tanqueray: der Traditionshersteller schafft es bisher ein einziges ein überzeugendes Produkt auf den Markt zu bringen